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Darf es auch digital sein?

 

In seinem Roman «Maschinen wie ich» beschreibt Ian McEwans den fast lebensechten Androiden Adam, der speziell für Charly und seine Freundin Miranda konfiguriert und von ihnen adoptiert wird. Er erweist sich dann als derartig analog, dass es sogar zu einer Liebesnacht mit Miranda kommt. Als sie jedoch jemanden durch eine Lüge ins Gefängnis bringt, was moralisch zu rechtfertigen wäre, wird Adams Urteil recht digital, weil er  die Grauzonen von Schuld und Sühne nicht ermessen kann.

 

Hier liegt das Spannungsfeld unseres Themenschwerpunktes. Nicht nur hartgesottene Gruppendynamiker zögern, wenn es um die Adoption von digitalen Techniken in die Welt der kreativen Lösungsfindung in komplexen Umgebungen oder in den emotionalen Kosmos des Change geht. Führungskräfte und Berater tun sich schwer, sich diesen Medien unbefangen zu nähern, während sie sich im wirklichen Leben fast unbemerkt ihren Platz erobert haben. Ist es nur Bequemlichkeit oder verspüren die Agenten des Wandels auch Unsicherheit angesichts dieses Wandels? Ursula Bohn versucht dazu in ihrem Heftbeitrag Antworten auszuloten.

 

Tatsächlich bewegt sich aber schon einiges und die im Heft vorgestellten Beispiele legen Zeugnis davon ab, was Smart Change und digitale Methoden im Wandel leisten. Sie eröffnen dort neue Möglichkeiten durch spielerische Formen und experimentelle Designs. Sie sind flexibel einsetzbar und erweitern Partizipationsräume. Qualität und Legitimität von Veränderungsvorhaben können so verbessert werden. Wo es vorher Einzellösungen gab, verbinden sich die Ansätze zu komplexeren Architekturen. Überdies kommen die Verfahren dem pragmatischen Interesse nach Zeit- und Kostenersparnis entgegen. In verteilten und globalen Strukturen erleichtert und erweitert sich Verständigung unter Nicht-Anwesenden.

 

Die Projektbeschreibungen von Matthias Trénel über Smart City-Initiativen der Stadt Zürich sowie von Oliver Fischer über eine Kultur- und Leadership-Kampagne bei Daimler untermauern, dass digitale Methoden sich sehr wirkungsvoll mit klassischen Change-Architekturen verbinden lassen. Einen Schritt weiter geht das Beispiel aus der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Mazars. Es verdeutlicht, dass die Transformation von Wertschöpfungsketten in die digitale Welt auf digitale Methoden des Wandels nicht verzichten kann. Auch für Moderation eröffnen sich im virtuellen Raum interessante Ansätze, wie Erfahrungen von Kai Matthiesen und Jonas Spengler sowie von Stefan Groß und Thomas Hardwig belegen.Sie sind nicht nur schneller und flexibler einsetzbar, als im realen Raum. Es entwickeln sich darüber hinaus selbstgesteuert und unbeobachtet Gruppen und Netzwerke, wenn man sie lässt.

 

Im Kontext von Smart Change erhalten schließlich auch etabliertere Konzepte wie E-Coaching oder E-Learning eine sichtbare Aufwertung, weil sie den steigenden Bedarf an spontaner Beratung und flexiblem Lernen bedienen. Einen Kontrapunkt setzt das Interview mit Karlheinz Schwuchow. Er plädiert gerade angesichts der allfälligen Beschleunigung auch durch digitale Medien für langsames Denken und kritische Urteilsfähigkeit, in denen Androiden wie Adam sich verstricken würden.

 

Darüber hinaus finden Sie im Heft weitere Beiträge, die sich mit Agilität, Working out Loud, Konfliktlösungen oder Simulationen befassen. Sie alle zeigen, Change Management ist bunter und reicher geworden, auch durch digitalen Wandel. Und wie es aussieht, stehen wir erst am Anfang.

OrganisationsEntwicklung Ausgabe 02/2020: Smarter Wandel

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