Führungskultur im digitalen Zeitalter
Das Thema Führung fasziniert uns alle. Das habe ich schon in meiner Zeit als Chefredakteur des Magazins Human Resources Manager immer wieder festgestellt. So viele Artikel, so viele Bücher und Videos rund um Leadership gibt es – und werden kontinuierlich neu veröffentlicht. Auch auf Konferenzen und Tagungen ist das Führungsthema ein Evergreen. Und es scheint, als sei noch nicht alles erzählt. Im Gegenteil. Im Zuge der Digitalisierung findet in immer mehr Unternehmen wieder eine Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Fragen rund um Leadership statt: Welche Führung brauchen wir? Welches Führungsverhalten macht uns erfolgreich? Und ist die Führung im digitalen Zeitalter eine andere als in weniger digitalen Zeiten? Was ist eigentlich gute Führung?
Dass Führung im digitalen Zeitalter, das von neuen Technologien und Beschleunigung geprägt ist, eine andere sein muss als in der Industriegesellschaft mit ihren klassisch-hierarchischen Organisationen, ist bekannt. Komplexer werdende Umwelten, kürzere Produkt- und Innovationszyklen sowie ein allgemeiner Wertewandel zwingen zu einem Führungsverhalten, das unter anderem in der Lage ist, Vernetzung und die Entwicklung der Mitarbeitenden zu ermöglichen.
Interessanterweise geht es zukünftig zwar auch um digitale Kompetenzen, doch gerade in der Digitalisierung noch viel mehr um Grundsätzliches, um wertschätzendes Verhalten zum Beispiel und ein positives Menschenbild.
Es ist durchaus sinnvoll, sich noch einmal grundlegende Aspekte von Führung zu vergegenwärtigen:
- Führung funktioniert nur als Beziehung und sie wird dem Führenden zugeschrieben – oder eben nicht.
- Nicht jeder Vorgesetzte wird als Führungsperson angesehen.
- Ein wesentliches Instrument der Führung ist Kommunikation.
- Führungskräfte sollten Menschen mögen und gerne mit ihnen zusammen sein.
Führung ist eine Beziehung zwischen zwei Menschen – für diese banale Tatsache gab es in der Industriewelt lange kein Bewusstsein, eine Industriewelt, in der oftmals derjenige Führungskraft wurde, der fachlich der Beste war und gute Kontakte nach oben hatte.
Im digitalen Zeitalter muss es Führung einerseits gelingen, die kollektive Intelligenz eines Teams, einer Organisation, eines Netzwerks bestmöglich zu nutzen und andererseits Bedingungen zu schaffen, die ein schnelles Handeln möglich machen, was wiederum Vertrauen gegenüber den Mitarbeitenden voraussetzt, damit nicht jede Entscheidung nach oben delegiert werden muss. Vertrauen bilden; Räume schaffen, in denen Menschen bereit sind, sich mit ihrer ganzen Individualität einzubringen; Gestaltungsmöglichkeiten geben – darum geht’s. Und das verlangt Führungskräfte, die andere Menschen mögen. Das ist auch heute noch leider keine Selbstverständlichkeit.
Jan C. Weilbacher, Redakteur