»Herrlich« leuchtete Goethe die Natur. Forschend zogen Wissenschaftler wie Alexander von Humboldt in die Wildnis. Philosophen von Platon bis Rousseau verklärten die natürliche Ordnung der Dinge. Chemiker analysierten den Boden, auf dass die Bauern reichlich ernteten. Und bereits um 1900 regte sich erster Protest gegen Luftverschmutzung und Landschaftszerstörung. So wurde die Natur im Lauf der Jahrhunderte immer wieder neu entdeckt: als Zuflucht, als göttliches Wunderwerk, als Vorbild, als Ressource und als bedrohter Lebensraum.
Auch die Historiker mussten erst entdecken, dass nicht nur Staaten und Gesellschaften, Städte und Volkswirtschaften, Ideen und Mentalitäten eine Geschichte haben, sondern auch das Klima, Flüsse, Seen und Wälder – und dass das eine mit dem anderen unlösbar zusammenhängt. Die Umweltgeschichte, entstanden in den siebziger Jahren, ist eine vergleichsweise junge Disziplin.
Dabei berührt sie die ältesten Fragen der Menschheit. Alle Zivilisation ist der Natur abgerungen. Besonders aber seit Beginn der industriellen Revolution im späten 18. Jahrhundert feiert der Mensch regelrechte Triumphe über die »Schranken der Natur« – sei es durch die Dampfmaschine, die intensive Landwirtschaft oder die Verbreitung der Elektrizität. Zugleich wuchs langsam, allzu langsam das Bewusstsein, dass man sich die Erde nicht nur »untertan machen« dürfe, wie Gott geheißen, sondern für diesen »Untertan« auch gut zu sorgen habe, ja dass dieser womöglich gewaltsam revoltieren würde, knechtete man ihn allzu sehr.
Inzwischen hat sogar die Kirche die grüne Bewegung für sich entdeckt, die in den siebziger Jahren die Politik umwälzte. Allen voran der Papst ist heute ein Grüner: »Macht euch der Erde untertan«, forderte Franziskus jüngst in seiner Umwelt-Enzyklika.
Ob es die Menschheit tatsächlich schaffen wird, ein gänzlich anderes Verhältnis zur Natur zu finden? Eines, das auf »Nachhaltigkeit« gründet, um es mit einem berühmten Wort aus dem frühen 18. Jahrhundert zu sagen? Diese Frage muss offenbleiben. Gewiss ist: Wir können bei der Suche nach Antworten nicht nur von den Naturwissenschaften lernen, von ihren Erkenntnissen über Erderwärmung und Schadstoffreduktion, sondern auch – wie bei so vielen großen Zukunftsfragen – aus der Geschichte.
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