Der Pakt mit dem Teufel
Selten habe ich mich in meinem Leben so gern dumm gefühlt wie am Ende des fantastischen Films Die üblichen Verdächtigen von Bryan Singer (1995). Kevin Spacey spielt darin den Gelegenheitsganoven »Verbal« Kint, der seinen Namen nicht zufällig trägt. Er plappert unablässig. Und gibt der Polizei bereitwillig Auskunft über seine Rolle in einem Drogendeal, der fürchterlich schieflief. Am Ende explodierte ein Schiff, 20 Leichen inklusive. Das Mastermind hinter allem, der Mann, den die Polizei seit Jahren sucht, ist ein Phantom namens Keyser Söze. Niemand hat ihn je gesehen, er gleicht einer Fabelgestalt. Ganz am Ende verlässt der humpelnde Kint das Polizeirevier. Close-up auf seine Füße. Er humpelt und humpelt und plötzlich: läuft er. Ganz geschmeidig. Steigt in ein Auto und sagt: »Der größte Trick, den der Teufel je gebracht hat, war, die Welt glauben zu lassen, es gäbe ihn gar nicht.« Bäm. Kint ist Keyser Söze! Wie konnte ich das nicht geahnt haben? Der Teufel also. Wenn man, so wie wir bei ZEIT Verbrechen, immer und immer wieder über das Böse schreibt, dann kommt man an ihm kaum vorbei. Deswegen haben wir ihm dieses Heft gewidmet. Und Sabine Rückert gebeten, in einem Essay (Seite 32) der Frage nachzugehen, warum es uns so schwerfällt, einzusehen, dass es des Teufels gar nicht bedarf, um das Böse in die Welt zu tragen. Der Teufel hat viele Gesichter. Und auch wir wollen unseres ab und an verändern. So werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, ab sofort auf der letzten Seite eine neue Rubrik finden: Das letzte Mal.
Ich wünsche Ihnen spannende und anregende Lesestunden!
Daniel Müller