Luxus: Will haben! Wenn die Gier nach Luxus zur Falle wird
Es muss im Jahr 2000 gewesen sein, ich war 18 Jahre alt und hatte einen etwas heiklen Arzttermin. Ich erspare Ihnen die Details. Jedenfalls trippelte ich schon 20 Minuten lang nervös im Behandlungszimmer umher, bevor der Arzt endlich den Raum betrat. »Na, Burschi«, sagte er, und ich fühlte mich gleich ein paar Zentimeter kleiner. Er bat mich, Platz zu nehmen. Noch bevor ich dazu ansetzen konnte, ihm mein Leid zu klagen, brach es aus ihm heraus: »Was für ein geiler Wecker!« Er deutete auf meine Uhr. Die hatte mir meine Mutter aus Hongkong mitgebracht, ein gefälschter Luxus-Chronograf. »Ist die echt? Zeig mal her!« Ich schüttelte den Kopf und gab sie ihm. Er war beeindruckt von der Qualität. »Wat willste dafür? 150? 300? 500?«Jetzt war ich auf einem Basar, es war absurd. Aber ich war auch wieder ein paar Zentimeter gewachsen. Und es hat mir gezeigt, wie mächtig die Insignien der Hautevolee sein können. Und wie groß der Durst danach ist, dazuzugehören zu den oberen Zehntausend, sei es mit einer gefälschten Uhr. Ich habe sie übrigens behalten, war ja schließlich ein Geschenk von Mama. Wie die Gier nach Luxusgütern Täter und Opfer produziert, darum geht es in unserem Titelkomplex. Eine erschütternde Geschichte hat uns die Autorin Hariett Drack mitgebracht. Sie handelt von einem strenggläubigen Mann, der sich im Gebet von seiner kleinen Tochter gestört fühlte – und sie tötete. Empfehlen möchte ich Ihnen zudem unsere Fotostrecke, in der Sie erfahren werden, wie der sizilianische Zitronenanbau der Mafia zur Macht verhalf.
Ich wünsche Ihnen eine anregende und nachdenkliche Lektüre!
Daniel Müller