Es gibt wohl kaum ein Wort im Kosmos der Kriminalberichterstattung, das so inflationär gebraucht wird wie dieses: unfassbar. Ein Terrorist rast mit einem Lkw in eine Menschenmenge? Unfassbar! Ein Krankenpfleger tötet Dutzende Patienten? Unfassbar! Eine Mutter vergiftet ihr eigenes Kind? Unfassbar!
Nun ja, die Wahrheit ist: Eigentlich sind all diese Taten sehr wohl fassbar. Erklärlich. Ergründbar. Man muss sich nur die Mühe machen, sie verstehen zu wollen. Unsere Reporterin Chantale Rau wollte unbedingt verstehen, was Mütter dazu treibt, ihre eigenen Kinder krank zu machen, um sich anschließend aufopferungsvoll um sie zu kümmern. Und hat sich daher für unser Titelthema mit dem gleichermaßen seltenen wie spannenden Phänomen des »Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms« auseinandergesetzt.
Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch die Reportage, die uns der tolle Fotograf Felix Adler aus Sachsen mitgebracht hat: Nicht nur Menschen gehen bei der Polizei in Ausbildung – auch Pferde tun es. Was sie dort erleben, ist nicht unfassbar, aber doch einigermaßen spektakulär.
Als spektakulär kann man getrost auch den Erfolg der Schriftstellerin Rita Falk bezeichnen. Wie aus dem Nichts wurde sie mit ihren bayerischen Lokalkolorit-Krimis um den kauzigen Polizisten Franz Eberhofer zum Star. Viele ihrer Bücher wurden später verfilmt. Unser Autor David Denk hat sie zu einem ausführlichen Interview getroffen, in dem Falk auch über den Verlust ihres Mannes spricht.
Doch damit nicht genug: Wir möchten Sie mitnehmen auf einen mörderischen Spaziergang über das malerisch schöne Eiland Sylt und auf die Odyssee eines Diakons im Kampf gegen seine eigene Kirche.
Ich wünsche Ihnen spannende und nachdenkliche Stunden mit der Lektüre.
Ihr Daniel Müller (Chefredakteur)